
Bildungsauftrag
Einen eigenen Kopf entwickeln
Eine wichtige Aufgabe der Kindertagespflege ist die Bildung der Kinder. Diese umfasst die Bildungsbereiche Bewegung, Gesundheit, Sprache, Soziale und interkulturelle Bildung, Musisch-ästhetische Bildung, Religion und Ethik, Mathematik, Naturwissenschaftlich-technische Bildung, Ökologische Bildung und Medien, in denen die Kinder gefördert werden und die vom Familienministerium des Landes NRW thematisch unterteilt wurden. In § 2 Abs. 3 des Kinderbildungsgesetz (KiBiz) heißt es: "Die Förderung des Kindes in der Entwicklung seiner Persönlichkeit und die Beratung und Information der Eltern insbesondere in Fragen der Bildung und Erziehung sind Kernaufgaben der Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege. Das pädagogische Personal in den Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflegepersonen haben den Bildungs- und Erziehungsauftrag im regelmäßigen Dialog mit den Eltern durchzuführen und deren erzieherische Entscheidungen zu achten.“
Ziel der frühkindlichen Bildung im Allgemeinen ist die „gesellschaftliche Teilhabe“ und die Entwicklung einer „eigene[n] Handlungsfähigkeit“. Dafür muss sich jedes Kind bestimmte Kompetenzen aneignen, die es ihm ermöglichen, sozial zu interagieren und ein individuelles Ziel zu verfolgen, sowie Entscheidungen zu treffen und handlungssicher durchs Leben zu gehen. Diese bestehen aus der Selbstkompetenz, (positives Selbstbild, Eigenständigkeit und Kreativität, Selbstbewusstsein) der Sozialkompetenz (Empathievermögen, Handlungen reflektieren, Konflikte lösen und aushalten, gemeinschaftliche Regeln aufstellen und befolgen, kooperieren) und der Sach- bzw. Methodenkompetenz (sich Wissen aneignen und auf unterschiedliche Situationen übertragen können, Konzepte, Zusammenhänge und Unterschiede erkennen, technische Fertigkeiten erlangen). Um die Kinder bei der Entwicklung dieser Kompetenzen in den verschiedenen Bildungsbereichen zu unterstützen fungiert die Kindertagespflegeperson als Vorbild sowie als eine Art MentorIn und ModeratorIn und schafft eine stimulierende, bildungsnahe Umgebung, in der die Kinder „in der Auseinandersetzung mit sich selbst“ und den Materialien und Eindrücken ihres Umfeldes Fähigkeiten ausbilden können.
Dabei geht es nicht um einen strikten, stringenten Lehrplan, der befolgt werden muss, noch sollen bestimmte Ergebnisse oder Leistungen erbracht werden. Vielmehr sollen den Kindern spielerisch, alltagsintegriert und dem jeweiligen Alter entsprechend Anreize geboten werden, sich selbst zu bilden und in ihrer Umgebung zu explorieren.
Während sie dies tun und sich mit bestimmten Bildungsgegenständen beschäftigen, springen sie zwischen den einzelnen Bildungsbereichen oder bewegen sich in mehreren Bereichen zugleich, denn diese sind nicht klar voneinander getrennt, sondern finden simultan in den verschiedensten alltäglichen Bildungssituationen Anwendung.
Schwerpunkt 1: Ästhetische Bildung
Die Ästhetik betrifft zunächst alle sinnlichen Erfahrungen, durch die sich die Kinder ihre Umwelt erschließen und ein individuelles Weltbild formen. Eine Bildungsmöglichkeit im Bereich der Ästhetik wird dann geschaffen, wenn die Kinder die verinnerlichten Sinneseindrücke und entstandene Bilder, Konzepte und Ideen weiterentwickeln und ausdrücken können. Dazu gehören vielfältige Ausdrucksformen, wie z.B. Musik, Malerei (oder andere gestalterische Tätigkeiten), Tanz, Theater oder Literatur (Bilderbücher, Narrative, kulturelle Wertevermittlung). Ästhetische Bildung fördert nicht nur Feinmotorik, Konzentration, Kreativität und Fantasie der Kinder, sondern auch ein gesundes Gefühl für die eigene Selbstwirksamkeit. Der künstlerische Ausdruck hilft Kindern und Erwachsenen, Erlebtes zu verarbeiten und Gefühle zu reflektieren.
Schwerpunkt 2: Die alltagsintegrierte Sprachförderung
Die alltagsintegrierte Sprachförderung koppelt die Sprachbildung beim Kind an alltägliche Erlebnisse, sowie gewohnte und spielerische Tätigkeiten. Die Sprechfreude der Kinder soll auf diese Weise angeregt und aktiv gefördert werden. „Bei der Sprachbildung geht es weniger um konkrete Übungen […], sondern eher um eine sprachförderliche Umgebung und ein sprachbildendes Verhalten auf Seiten der erwachsenen Bezugspersonen.“ Der fördernden Person stehen dafür verschiedene Sprachbildungsstrategien zur Verfügung die bereits ab ca. drei Lebensmonaten Anwendung finden und bis zum sechsten Lebensjahr fortgeführt und modifiziert werden können.
Bereits bei Säuglingen spielen Blickkontakt, ein freundliches Gesicht und eine warme, zartfühlende Stimme eine große Rolle in der Sprachentwicklung. Später können durch aufmerksames und respektvolles Sich-Zuwenden und eine kindgerechte Sprache erste kleine Dialoge entstehen. Mit einem Jahr lernen Kinder die ersten Schlüsselwörter auszusprechen, die ihnen helfen sich im Alltag auszudrücken. Gegenstände und Eigenschaften benennen, die im Spiel und der alltäglichen Beschäftigung vorkommen ist fundamental für den Aufbau eines umfassenden Wortschatzes.
Das sogenannte „handlungsbegleitende Sprechen“ ist eine wirkungsvolle Methode der Sprachförderung und kann wunderbar in den Alltag der Tagespflege integriert werden.
Selbstverständlich dürfen Singspiele und Tischsprüche nicht fehlen auf der Liste der sprachbildenden Hilfsmittel.
Bei alledem ist unbedingt zu erwähnen, dass es auch in der alltagsintegrierten Sprachförderung nicht um Leistung oder die Erfüllung bestimmter Erwartungen an eine Altersgruppe geht. Jedes Kind hat seinen eigenen Rhythmus und eigene Persönlichkeitsmerkmale, die sich auch im Sprechverhalten zeigen. Kritik oder negative Reaktionen gegenüber den Kindern in Bezug auf sprachliche Schnitzer sind in der alltagsintegrierten Sprachförderung ein absolutes Tabu.